Die 9. Digitalisierungskonferenz Sachsen-Anhalt hat sich “Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft” gewidmet. Dabei war der Einsatz in der Praxis das zentrale Thema.
Die zunehmend älter werdende Bevölkerung, der wachsende Pflegebedarf und die steigende Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften – das sind einige Herausforderungen, vor denen die Gesundheitswirtschaft steht. Globale Krisen wie die aktuelle Corona-Pandemie verschärfen die Situation. Durch den Einsatz von Informationstechnologie lassen sich Brennpunktthemen der Branche bewältigen. Wie die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft optimal erfolgen kann, ist Thema der 9. Digitalisierungskonferenz “Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft” am 21.09.2020 gewesen.
Sie wurde in Kooperation vom Cluster IT Mitteldeutschland e.V. und dem Landesverband Sachsen-Anhalt des Wirtschaftsrats der CDU e.V. ausgerichtet. Auf der Webkonferenz kamen Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Institutionen zusammen. Technologieanbieter, Gesundheitsexperten und Projektvertreter haben sich intensiv dem Austausch über Anforderungen, Möglichkeiten und praktischen Umsetzungen zur Digitalisierung in der Gesundheitsbranche gewidmet.
Für die Einführung digitaler Lösungen in dem Sektor ist ein bedachtes, planvolles Handeln von großer Bedeutung. Staatssekretär Thomas Wünsch, Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Sachsen-Anhalt betont: “Die Digitalisierung verändert unsere Lebenswelt schneller als jede technologische Neuerung zuvor. Das betrifft auch die Gesundheitswirtschaft. In kaum einem anderen Bereich ist es so wichtig, Berührungsängste abzubauen, Kompetenzen zu stärken, Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren.“
Anforderungen an die Digitalisierung der Gesundheitsbranche
Um flächendeckend digitale Lösungen zum Einsatz zu bringen, ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligter wichtig. Sirko Scheffler, Vorsitzender der Landesfachkommission Internet und Digitale Wirtschaft des Landesverbandes des Wirtschaftsrat der CDU e.V. und Vorstand Cluster IT Mitteldeutschland e.V. erklärt: “Die Digitalisierung der Gesundheitsbranche bringt ganz spezifische Anforderungen mit sich. Wir bewegen uns in dem Sektor auf einem hochsensiblen Gebiet. Dem muss die Einführung digitaler Lösungen Rechnung tragen. Der vorsichtige, bewusste Umgang mit Daten ist entscheidend. Auch andere Regularien und Rahmenbedingungen bestimmen den Einsatz digitaler Lösungen. Gleichzeitig liefert innovative IT viele Möglichkeiten zur Unterstützung der pflegerischen und medizinischen Aufgaben. Um in dieser Gesamtkonstellation optimal ausbalancierte Lösungen zu finden, ist der Austausch aller Akteure untereinander gefragt. Genau diesen Ansatz verfolgt unsere Digitalisierungskonferenz.”
“Nur mit Unterstützung modernster IT-Lösungen können perspektivisch die
demografischen Herausforderungen in unserem Bundesland bezüglich einer flächendenkenden medizinischen Versorgung in hoher Qualität bewältigt werden und sind durch diese vielfach erst möglich”, führt Peter Löbus, Vorsitzender der Landesfachkommission des Landesverbandes Sachsen-Anhalts des Wirtschaftsrats der CDU e.V. aus.
Konkrete Projekte und Ansätze für die Praxis
Ein konkretes Vorhaben zur Gestaltung einer digitalen Gesundheitswirtschaft stellt das Vorhaben TDG Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung dar. Dabei handelt es sich um ein vom Bund gefördertes Strukturwandelprojekt. Es beinhaltet das Innovationsfeld digital-unterstützte Gesundheitsversorgung mit dem Schwerpunkt Pflege. Prof. Patrick Jahn, Professor für Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Halle (Saale) hat das TDG-Projekt auf der 9. Digitalisierungskonferenz gemeinsam mit Projektkoordinator Dr. Karsten Schwarz vorgestellt.
„Hinsichtlich Bedarf und Kompetenzen befinden wir uns in einer Region mit Modellcharakter, um den Herausforderungen des demografischen Wandels mit Innovationen zu begegnen. Als TDG bauen wir mit unseren Partnern aus Gesundheitsversorgung, Gesundheitsindustrie und Forschung ein regionales Innovationsökosystem das soziale und wirtschaftliche Innovationsfähigkeit in der Region nachhaltig stärkt“, sagt Jahn. Denn: Das gemeinsame Vorhaben bietet für Anwender und IT-Anbieter auf den Gebieten Gesundheit, Pflege und Daseinsvorsorge große Chancen zur Entwicklung einer hochmodernen Gesundheitsbranche, die den Anforderungen der Zeit gerecht wird.
“In der Diskussion und den Beiträgen kristallisierten sich folgende Schwerpunkte heraus”, führt Peter Löbus fort:
“Erstens: der Digitalisierungsprozess in der Medizin sowie der damit in enger Verbindungstehende Aufbau überregionaler und intersektoraler E-Health Strukturen sind Basis und Chance zugleich für die Gestaltung einer zukunftssicheren Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land.
Zweitens: die Schaffung einer werthaltigen und entbürokratisierten Struktur für eine zukunftsorientierte Verwendung von Bundesfördermitteln im Land ist notwendig für die Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft und drittens: die Anwendung und Durchsetzung
verbindlicher und allgemeingültiger Standards als Basis der intersektoralen Vernetzung im ambulanten und stationären Bereich als auch in Klinik/Praxis und Pflege.”
Das Projekt “Health Connect” bildet ein weiteres Beispiel für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit, um die Nutzung digitaler Lösungen in der Gesundheitswirtschaft voranzubringen. Mehrere regionale IT-Unternehmen und Wirtschaftsakteure sind an dem Vorhaben beteiligt. Im Fokus stehen der Datenaustausch in der Gesundheitsbranche und die Entwicklung von Standards. Das Projekt und Möglichkeiten, sich darin einzubringen, wurde auf der 9. Digitalisierungskonferenz vorgestellt.
Zu den Hintergründen von “Health Connect” erläutert Dr. Torsten Greiner, Geschäftsführer TECONT GmbH Leipzig: “Es fehlt derzeit eine durchgehende technische Unterstützung aller, auch sektorübergreifender Prozesse zwischen z.B. Pflegeeinrichtungen, Ärzten, Apotheke,
Krankenhäusern und Dienstleistern. Aufgrund dessen entstehen umfangreiche zusätzliche Aufwände, riesige Belastungen sowie Risiken durch Informationsverluste und Fehler. Proprietäre Ansätze sind dabei nicht mehr zeitgemäß, es müssen internationale Standards,
wie zum Beispiel FHIR, verwendet werden.”
Um das Zusammenspiel und die Effizienz zu verbessern und Erleichterung im Arbeitsalltag zu schaffen, gilt es daher, die Etablierung moderner IT-Lösungen in der Gesundheitswirtschaft aktiv anzugehen. Die 9. Digitalisierungskonferenz hat diesbezüglich viele wertvolle inhaltliche Impulse gegeben und praxistaugliche Wege aufgezeigt.
Zur pdf-Version “Gesundheitsbranche digital gestalten”